Xenia

Wer bin ich?

 

Mein Name ist Katharina, Kathi, Xenia, Xuscha oder auch nur Xu. Wie das kommt? Ich bin eine sogenannte “Russlanddeutsche”. Das bedeutet, dass ich zwar in Russland geboren bin, aber meine Vorfahren ursprünglich aus Deutschland kommen und vor mehr als 200 Jahren nach Russland übergesiedelt sind. Im zarten Alter von vier Jahren entschieden sich meine Eltern im Jahr 1995 mit meinem älteren Bruder und mir nach Deutschland (quasi zum deutschen Ursprung zurück) zu ziehen. So bin ich wie selbstverständlich zwischen zwei Kulturen aufgewachsen und hatte immer wieder die Herausforderung meine Zugehörigkeit und damit meine Identität zu finden. Da hat es auch nicht unbedingt geholfen, dass bei der Anmeldung in Deutschland aus einer Xenia plötzlich eine Katharina wurde. ;)

 

Mittlerweile bin ich sehr dankbar dafür, dass ich dieses Geschenk von zwei Kulturen, Sprachen und Welten bekommen habe. Zwischen zwei Stühlen zu sitzen und ständig mit Vorurteilen konfrontiert zu werden, hat mich zudem sensibel und offen für andere Weltanschauungen gemacht. 


Es hat mir auch die intrinsische Motivation gegeben, die Welt mit eigenen Augen zu betrachten und meine Urteile nicht von Medien oder Politik vordefinieren zu lassen. Ich habe eine natürliche Freude daran, mich kontinuierlich aus der Komfortzone zu bringen und mein Weltbild herausfordern zu lassen. Daher hat das Thema Reisen einen hohen Stellenwert in meinem Leben eingenommen.

 

Was an Familienurlauben in meiner Kindheit eher weniger möglich war, holte ich in meinen 20ern während meines BWL Studiums in Bremen und später in Münster doppelt und dreifach nach. An Rechnungswesen, Steuern und Finanzen kann ich mich genauso gut im Ausland erfreuen, dachte ich mir damals, und so entschied ich mich zum Leidwesen meiner Eltern für ein Auslandssemester in Südafrika. Da wusste noch niemand, dass das erst der Anfang sein würde. Mein Studium rückte immer mehr in den Hintergrund während ich in meiner Zeit bei  AIESEC regelrecht aufblühte. Diese internationale Studierendenorganisation schickt junge Leute im Sinne des kulturellen Austausches für Praktika um die Welt. 

 


Ich habe jede Möglichkeit genutzt um die Welt für mich zu entdecken. Nach Südafrika folgten u.a. Work & Travel in Australien, Backpacking in Südostasien und Lateinamerika, Volunteering und bei Gastfamilien leben in Kolumbien, Praktikum in Bahrain, Vipassana in Nepal, Yogalehrerausbildung in Indien und Langstreckenwanderung im Balkan. Dabei hatte ich immer den starken Wunsch noch tiefer in die Kulturen einzutauchen, näher an die Locals zu kommen und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen. Ich schlief in Zelten, surfte auf Couches und wurde ganz herzlich bei scheinbar Fremden aufgenommen. Hatte ich Angst? Immer wieder. Wusste ich, worauf ich mich einlasse? Niemals. War ich vorbereitet? Nein. 

 

Ich habe immer erst in den Situationen gelernt, mit meinen Problemen umzugehen. Zu Hause hätte mich nichts auf Herausforderungen im Ausland vorbereiten können: sich zu erklären ohne die Sprache zu kennen, Busse zu nutzen, die keine Haltestellen haben, mit Lebensmittelvergiftungen alleine umzugehen, dem Arzt mit einem gebrochenen Spanisch den eigenen dramatischen Zustand zu erklären, 10 Tage in einem nepalesischen Meditationszentrum zu schweigen ohne es vorher länger als 5 Minuten ausgehalten zu haben, eine Yogalehrerausbildung zu machen ohne jemals ein Yogastudio von innen gesehen zu haben, im Zelt zu schlafen ohne jemals in Deutschland ein Zelt aufgebaut zu haben, innerhalb von einer Stunde vom Surfbrett auf den OP-Tisch zu gelangen, auf einem fahrenden Roller ausgeraubt zu werden und ohne Handy oder Kreditkarten trotzdem ins nächste Land zu fliegen, gefühlt in letzter Minute mit nur noch 20 Euro auf dem Konto noch einen Job für Kost und Logis zu finden... Nie habe ich mich in so kurzer Zeit so schnell weiterentwickelt wie auf meinen Reisen. Je schwieriger die Situation, umso prägender die Lernerfahrung.

Wie ich früher reiste

So vielfältig, abenteuerlich, lehrreich und eindrucksvoll diese Reisen waren, eines hatten sie gemeinsam:

Sie waren schnell und hatten eine Deadline. Meine Reisen hatten immer ein geplantes Ende.


Auch das tollste Auslandssemester hat ein Ablaufdatum, das Visum läuft ab, das Masterstudium beginnt, die Sommerferien gehen zu Ende, der Jobstart steht bevor, der Urlaub geht vorbei. Und ich wollte in kurzer Zeit so viel es geht sehen und erleben, um dann zu sagen “ich war da”. Meine Augen interessierten sich nur für die großen, berühmten und offensichtlich schönen Dinge. Die Welt drehte sich zu schnell und die Sinne sind überreizt. Nachdem man seine Sightseeingtour hinter sich hat oder das eine Foto geschossen hat, fängt man an sich zu langweilen und sucht nach dem nächsten Besonderen. Für die kleinen Dinge hatte ich meistens kein Auge, keine Zeit, keine Geduld oder vielleicht bin ich auch irgendwann schon abgestumpft. 
 


Was möchte ich diesmal erleben?

1. Slow Traveling - Mit dieser Reise will ich die Dinge mal anders angehen. Langsamer, bewusster, den Fokus auf die simplen und scheinbar langweiligen Sachen richten, die Welt neu betrachten und offen sein für alles was kommt, egal wie es kommt. Kein Plan, keine Ahnung, keine vordefinierte Frist. Ich möchte die Geschwindigkeit aus dem Tag nehmen. Denn wie Seneca es schon vor 2000 Jahren schrieb: 

 

"It is not that we have a short time to live, but that we waste a lot of it. Life is long enough and it is been given to us in generous measure for accomplishing the greatest things."

 

Dabei geht es mir nicht nur darum dem Alltagstrott zu entfliehen. Ich will wissen wie es sich anfühlt, wenn man die Leinen wirklich loslässt, das Boot den sicheren Hafen verlässt und in den Ozean segelt. Ich will mich einfach frei fühlen, mit all den schönen und schwierigen Seiten. 

 


2. Persönlichen Ängsten stellen und daran wachsen - Beim langsamen Reisen erhoffe ich mir nicht nur, dass ich Kultur und Natur neu entdecken werde, sondern auch mich sowie meine Beziehung zu Joscha. Mit Freiheit kommen natürlich auch Unsicherheiten. Und ich will da voll reingehen, in die Ängste, in die Risiken, in das volle Spektrum aller möglichen Emotionen und persönlichen Grenzen. Denn diese Kontrasterfahrungen bedeuten für mich, sich am Leben zu fühlen. 

 

Ich möchte mehr Raum für Ausprobieren und Scheitern schaffen. Denn erst wenn ich gelernt habe, dass ich niemandem etwas beweisen muss, werde ich wirklich frei sein. Ich arbeite schon sehr lange daran, mich von den Erwartungen anderer zu lösen. Diese Reise möchte ich nutzen um mich dem Thema noch intensiver zu widmen.

 



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